12. Sonntag nach Trinitatis (07. September 2025)
Apostelgeschichte 3,1-10
IntentionDie Predigt soll den Zuhörern die Augen öffnen für das wunderbare Wirken Gottes auch heute noch. Das ist nicht immer so spektakulär wie in dieser Geschichte. Trotzdem ist es ein Wunder und jeder und jede, die auf Christus vertraut, kann auf seine/ihre Weise Wunder bewirken. Dazu soll die Predigt Mut machen.
Liebe Gemeinde,
Wunder gibt es immer wieder, heute oder morgen
können sie geschehn. Wunder gibt es immer wieder,
wenn sie dir begegnen musst du sie auch sehn.
Viele Menschen fragen, was ist schuld daran
warum kommt das Glück nicht zu mir?
Fangen mit dem Leben viel zu wenig an.
Dabei steht das Glück schon vor der Tür.
Wunder gibt es immer wieder – mit ihrem Schlager eroberte Katja Ebstein vor 50 Jahren die Herzen. Wirklich? Stimmt das denn? Sind es nicht viel zu viele, die eben keine Wunder erleben, wie Britta, die sagt: „Zu dieser Gattung gehöre nicht. Ich habe noch nie ein überraschendes Wunder erlebt. Für mich war vieles ein Kampf durch schwierige Zeiten und lange Gebetsphasen.“
Ob der von Geburt gelähmte Mann, von dem wir heute in der Bibel hören, je geglaubt hat, dass es für ihn noch ein Wunder geben wird im Leben? Ob jene, die sich um ihn kümmerten und ihn zum Betteln an die Tempeltür brachten, je daran dachten, dass er das Glück vor der Tür hat?
Ich stelle mir vor, dass er und seine Bekannten und Freunde eher fragten: Warum kommt das Glück nicht zu mir? Mit dem Leben zu wenig anzufangen, mag für einen Gelähmten wie Hohn klingen.
Und: Dass das Glück schon vor der Tür stand – wie auch?
Predigttext (Apostelgeschichte 3,1-10)
"Petrus aber und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit. Und es wurde ein Mann herbeigetragen, der war gelähmt von Mutterleibe an; den setzte man täglich vor das Tor des Tempels, das da heißt das Schöne, damit er um Almosen bettelte bei denen, die in den Tempel gingen. Als er nun Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel hineingehen wollten, bat er um ein Almosen. Petrus aber blickte ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an! Und er sah sie an und wartete darauf, dass er etwas von ihnen empfinge. Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher! Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich wurden seine Füße und Knöchel fest, er sprang auf, konnte stehen und gehen und ging mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott.
Und es sah ihn alles Volk umhergehen und Gott loben. Sie erkannten ihn auch, dass er es war, der vor dem Schönen Tor des Tempels gesessen und um Almosen gebettelt hatte; und Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie über das, was ihm widerfahren war."
Tatsächlich: Es gibt sie, die Wunder und das Glück vor der Tür.
Zu erwarten war es nicht, als der Mann wie alle Tage vor die Tempeltür gesetzt wurde. Hier hatte er eine kleine Chance, dass Menschen mit Herz vorbeikommen und ihn mit ihrer Spende unterstützen.
So wie Petrus und Johannes: Sie bleiben stehen, suchen den Kontakt: Sieh mich an!
Die Anrede überrascht. Abgestumpft und müde wird der Mann gewirkt haben, den Blick nach unten.
Der Lahme schaut erwartungsvoll auf; eine Spende am Nachmittag – das wär‘s, wenn jetzt ein Beitrag käme von der Aktion Mensch, Geld, mit dem das Bettlerkässle aufgefrischt wird, ein Wunsch erfüllt werden kann.
Und: Wie enttäuschend muss die Antwort im ersten Moment gewesen sein. Keine Münzen, kein Geld. „Silber und Gold habe ich nicht.“ Da ist bei uns nichts zu erwarten. Ernüchternd dieser Worte der Passanten.
Doch dann der Wendepunkt: „Was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ Petrus fasst den Gelähmten bei seiner rechten Hand und richtet ihn auf. Wort und Tat, Zuspruch und Handreichung.
Das Wunder geschieht. Der Mann kann stehen, die Füße gewinnen Halt auf dem Boden, die Knöchel werden fest Er zögert nicht, er traut dem Zuspruch des Petrus, lässt ihn wahr sein, springt hoch.
Er kann plötzlich selber gehen und stehen und laufen! Eine Spontanheilung. Der Gelähmte wird zum Geheilten.
Ein Wunder ist geschehen. Mal wieder! Wie wunder-bar!
Als schwer behinderter Mensch war ihm der Zugang zum Tempel verboten gewesen, nur vor der Tür war ein Platz für ihn. Als Geheilter muss er nicht mehr draußen, vor der Schönen Tür verharren. Jetzt stehen die Tempeltüren offen, er kann mitfeiern, teilhaben an den „schönen Gottesdiensten des Herrn“ (Psalm 27,4).
Wunder gibt es immer wieder. In jenem Geschehen an der schönen Tempeltür ist es nicht nur eines, es sind mindestens drei.
Das Wunder, im Namen Jesu zu wirken
Das Wunder, seinem Wort zu trauen.
Das Wunder, im Loben Gottes aufzuleben.
Ein Wunder – im Namen Jesu wirkenPetrus redet und handelt im Namen Jesu. Das ist nicht selbstverständlich. Kennen wir es nicht oft genug, dass wir sehr zurückhaltend sind, wenn es um den Glauben geht?
Großes wagt Petrus zu sagen und zu tun; er traut es Jesus Christus zu, dass er an diesem Gelähmten handelt, ihn heilt, ganz gesund werden lässt – und zwar durch ihn, Petrus, der doch damals vor der Kreuzigung so feige war.
Ist es nicht überraschend, wie direkt Petrus den gelähmten Mann anspricht? Keine Nachfrage: Warum bist du hier? Wie lange schon bist du behindert? Wer sind deine Angehörigen?
Vielmehr spürt er in diesem Moment. Jesus Christus genügt. Sein Name, seine Gegenwart ist stärker als die Jahrzehnte der Krankheit, größer als die Lähmung, größer als 40 Jahre Leiden, in Ihm allein liegt die Hoffnung und die Zukunft dieses Mannes.
In der Heilung des Gelähmten an der Tempeltür nimmt uns Petrus mit hinein ins Zentrum des christlichen Glaubens, in die unsichtbare Verbundenheit mit Jesus Christus.
Paulus wird es später so formulieren: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir! (Galater 2,20)
Sind wir uns bewusst, dass Gott uns schon in der Taufe seinen Heiligen Geist geschenkt hat, dass Jesus Christus durch seinen Geist bei uns, in uns ist und durch uns wirken kann und will? Es wird guttun, sich daran wieder einmal erinnern zu lassen. Jesus Christus bei uns, in uns, heute, morgen, an jedem Tag. In seinem Namen sind wir im Gottesdienst zusammen. In seinem Namen sind wir bei der Arbeit, Seinen Namen tragen wir als Christen.
Gewiss, wir sind nicht Petrus und nicht Johannes. Kein Christ ist gleich dem andern und keine Christin ist identisch mit der andern. Alle haben wir unsere je eigenen persönlichen Gaben, Aufgaben und Talente bekommen. Doch in der Gegenwart Jesu, in seiner Kraft sind wir alle unterwegs.
Wir haben viele Möglichkeiten, im Namen Jesu zu wirken. Vielleicht ist es das aufmerksame Wahrnehmen derer, die auf der Straße uns begegnen, der stärkende und ermunternde Geburtstagswunsch, das stille Segnen der Kinder oder Enkel, ein geduldiges Aushalten, das vergebende Wort.
Oder das Gebet zur rechten Zeit wie es eine Studentin erzählt: „Wochenlang lag ich schwerkrank in der Klinik. Mehrmals besuchte der Pfarrer mich, betete auch. Eines Tages – ich war noch nicht genesen – dankte er Jesus Christus für meine Heilung. Nicht leichtfertig, nicht spektakulär – und ich wurde gesund
„Wunder gibt es immer wieder. Wenn sie dir begegnen, musst du sie auch sehn.“
Das Wunder, im Namen Jesu zu wirken, sehen wir bei Petrus und Johannes. Sie verlassen sich auf den auferstandenen Herrn. Ihm, seiner Heilungskraft vertrauen sie den Kranken an.
Ein Wunder – dem Wort zu trauenDas Wunder, seinem Wort zu trauen, geschieht bei dem gelähmten Mann.
Seine Erwartungen an die Passanten waren in eine andere Richtung gegangen. Ein Wunder zu erleben war gewiss nicht auf seiner Agenda für diesen Tag. Doch er sieht auf, er traut dem Wort des Petrus, lässt sich von ihm an der Hand nehmen, ergreifen und aufrichten, gerät in Bewegung, übernimmt die neue Beweglichkeit, steht, geht, läuft, springt.
Vermutlich kennen viele von uns Zeiten, in denen wir am Boden sind, gelähmt und auf Hilfe angewiesen. Wie wohltuend kann es sein, wie dieser gelähmte Mann, neu den Blick zu heben, die Menschen anzusehen, die da sind und es gut meinen, mit einem Zuspruch, der zum Aufstehen ermutigt, mit aufrichtender Handreichung. Und darin auch den Ruf Gottes zu hören: Steh auf, wage es neu, dir helfen zu lassen und auf die Beine zu kommen.
Und doch gibt es auch viele andere Erfahrungen: Menschen, die nicht diese Form des Wunders erleben, die ihre Krankheit über Jahre und Jahrzehnte tragen müssen und aushalten wie es die junge Frau formuliert: „Zu dieser Gattung, die Wunder erleben, gehöre ich nicht. Ich habe schwierige Zeiten, doch ich habe Menschen, die mit aushalten, mich mittragen.“
Manchmal geschehen auch hier die Wunder „immer wieder“. Das Wunder, dass jemand sagen kann: „Ich bin trotz meiner Krankheit nie depressiv geworden, dazu hat mein Glaube wesentlich beigetragen.“
Ein Wunder – im Loben Gottes aufzulebenGemeinsam den Glauben leben, Gott loben, das geschieht im Gottesdienst. Der Geheilte wird zum Zeugnis für die ganze Gemeinde. Sie erkennen: Der hier so bewegt und in Bewegung gekommen ins Loben Gottes einstimmt, ist wirklich der, der tagaus, tagein draußen vor der Tür um Almosen gebettelt hatte. Kaum zu glauben!
Die Menschen kommen ins Staunen, ins Wundern, ins Fragen. Darum ergreift Petrus das Wort und bezeugt: Wunder gibt es immer wieder. Sie gründen nicht in menschlichen Möglichkeiten, weder in ihrer Kraft noch in ihrer Frömmigkeit, sondern in Jesus Christus, dem auferstandenen Herrn, der sie je und dann schenkt. Ihn wollen wir loben, in seinem Namen leben und handeln heute und an jedem Tag. Amen.
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