2. Sonntag nach Trinitatis (30. Juni 2019)

Autorin / Autor:
Pfarrerin Dorothee Beer, Altenburg [Dorothee.Beer@elkw.de]

Jesaja 55, 1-5

IntentionMenschen dürsten nach Gott, so wie sie nach Wasser dürsten. Gott will mit den Menschen einen Bund gründen. Im Bild: Er wirft uns sein Band der Liebe zu.


Liebe Gemeinde,

wie köstlich ist es, ein Glas Wasser zu trinken, wenn es so richtig heiß ist. Wie gut tut das an einem heißen Sommertag! Es ist ein eindrückliches Bild, das der Prophet uns heute vor Augen malt. Er ruft alle, die Durst haben, zum Wasser. Wofür steht dieses Wasser? Wofür steht der Durst?

Ich lese aus Jesaja 55,1-5:

„Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!
Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst!
Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?
Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.
Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!
Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.
Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter.
Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des HERRN willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.“

Durst nach GottLiebe Gemeinde, es heißt, Durst sei schlimmer als Heimweh. Dieses Sprichwort betont, wie nötig jede und jeder von uns es hat, Wasser zu trinken. Das Bedürfnis nach Wasser ist noch höher gewertet als die starke, ja schmerzende Sehnsucht nach Heimat. Zwei starke Bedürfnisse werden genannt. Im heutigen Predigttext spielen sie beide eine Rolle: Durst und Heimweh. Zunächst: Der Prophet ruft zum Wasser. Seid ihr durstig, dann kommt her zum Wasser! Kommt her, hier gibt es Wein und Milch umsonst. Gebt kein Geld aus für Brot, das nicht satt macht. Bei mir gibt es die wahren Köstlichkeiten! – So heißt es sinngemäß.

Was hat der Sprecher da Hervorragendes anzubieten? Die Antwort heißt: Gottesnähe. Die Gottesnähe nimmt den Durst. Sie macht wirklich satt. Sie führt zum Leben. Sie ist so unmittelbar wichtig wie das Wasser, das wir zum Leben brauchen. Gott selbst sagt: „Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen.“ Und da kommt als Zweites neben dem Durst das Heimweh ins Spiel.

Gottes GnadenbundIsrael befindet sich im Exil. Die Menschen sind weit von zu Hause entfernt. Sicher haben sie Heimweh, Sehnsucht nach der Heimat. Vor allem quält sie dabei das Gefühl, abgeschnitten zu sein von ihrem Gott. In diese Situation spricht JHWH mit seiner Verheißung: „Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“
Gottes ewiger Bund. Gott kommt dem Menschen entgegen. Er bietet an, mit ihm eine neue Verbindung einzugehen. Sie gründet auf dem einstigen Versprechen, die Menschheit nie mehr allein zu lassen. „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Das sind Gottes Worte beim Bund mit Noah. Als Zeichen setzt er nach der Sintflut den Bogen in die Wolken. Ein für alle Mal?

Nein. Nicht nur einmal. Sondern immer, wenn der Bogen am Himmel erscheint, will Gott an diesen Bund denken. Im heutigen Predigttext aus dem Jesajabuch spricht Gott von dem Bund, den er mit David geschlossen hat und mit Israel erneut schließen will.

Warum muss das immer wieder gesagt sein? Ich denke: Auch nachdem Menschen geheiratet und „ja“ zueinander gesagt haben, brauchen sie immer wieder die Bestätigung: Ja, ich liebe dich – Eine Erinnerung an das einmal gegebene Versprechen. Wir brauchen das. Eine Vergewisserung der Liebe und der Zuneigung. Liebe ist ein Zustand, der davon lebt, immer wieder benannt und belebt zu werden. Die Beziehung versteht sich nicht von selbst. Lebt nicht einfach so fort, über die Jahre. Auch der Ehering beispielsweise erinnert an den Ehebund, den zwei Menschen eingegangen sind. Er ist ein äußeres Zeichen und ruft das einstige „Ja“ immer wieder ins Gedächtnis.

Ich denke auch an kleine Kinder, die sich immer wieder vergewissern, dass ihre Eltern da sind. Ganz besonders vor dem Einschlafen: Papa, bist du da? Mit Worten oder mit Weinen: Mama, bist du da?

So erinnert Gott daran, dass er auf Israel zugekommen ist und immer wieder zukommt: „Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“

Die aktive Rolle nimmt dabei Gott ein. Er ist es, der diesen Bund begründet. Israel dagegen ist so bedürftig wie ein kleines Kind. Es wartet auf die Gottesnähe. Gott verspricht, für die Menschen da zu sein und sie zurückzuführen in die Heimat, nach Jerusalem. Alles wird gut, sagt er, wenn ihr mir vertraut. „Höret, so werdet ihr leben.“

Der Bund – ein GnadenbandSo wie Gott seinen Bogen in die Wolken setzt, so spannt er gleichsam den Bogen aus zu den Menschen. Wie ein Gnaden-Band, das Gott dem Menschen hinüberwirft. Eine Art Tau, an dem ein Schiff sich am Hafen festmacht.

Kinder im Mutterleib sind mit ihrer Mutter über die Nabelschnur verbunden. So werden sie mit allem versorgt, was sie brauchen. Nach der Geburt wird die Schnur durchtrennt und es treten neue Formen der Fürsorge an diese Stelle. Das Band wird gedehnt, aber es reißt nicht entzwei. So stelle ich mir Gottes Gnadenband vor. Er wirft es uns herüber. Es ist ein Band der Liebe, ohne Bedingungen. Kostenlos, wie es der Sprecher im Jesajatext betont.

Wir haben das heute vor Augen, wenn wir in diesem Gottesdient kleine Kinder, Säuglinge, taufen. Sie als Eltern, Großeltern und Paten wünschen sich, dass ihre Kinder mit Gott in Verbindung stehen. Deshalb wollen sie die Kinder taufen lassen und im christlichen Glauben erziehen. Wir sehen, dass die Kinder nichts weiter beitragen können, als einfach da zu sein. Gott kommt ihnen mit seiner Liebe entgegen und nimmt sie an. Ohne weitere Bedingungen. – Ein fantastisches Bild für die Liebe Gottes!

Wenn die Kinder nach und nach ihre eignen Wege gehen, dann sind sie nicht allein. Gottes Band der Liebe begleitet dich und mich.

Gottes Bund in meinem LebenDas Band der Liebe wirkt in meinem Leben fort. Denn mit seiner Liebe spannt Gott ein Netz zwischen sich und den Menschen, aber auch unter uns Menschen.
Wir spüren: Gott ist für uns da. Wir spüren das im Gebet. Und wir spüren das in Begegnungen. In der Wärme, die Menschen uns entgegenbringen. In dem Halt, den wir Menschen uns gegenseitig geben.

Bis heute sehnen sich viele Menschen nach Heimat, nach Liebe, nach Sinn in ihrem Leben. Ich bin überzeugt, dass der Glaube diese Bedürfnisse stillen kann, so wie Wasser den Durst stillt. Für mich bedeutet der Glaube, nicht allein durch das Leben zu gehen. Sondern zu wissen: Es gibt ein unsichtbares Band der Liebe, das mich hält.

In Gesprächen begegnet es mir immer wieder, dass Menschen von der Führung Gottes in ihrem Leben berichten. Dass sie unter dem Eindruck leben, dass ihr Leben in Gottes Hand geborgen ist:

Glauben, das heißt:

Es gibt jemanden, der immer zu mir hält.
Es gibt jemanden, der mir sagt: Du schaffst das, du bist nicht allein.
Es ist gibt jemanden, der mir sagt, dass er mich liebt.

Dieses Band der Liebe wirft Gott aus zu dir und mir. Zu jedem und jeder von uns.

Amen.

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