2. Advent (07. Dezember 2014)

Autorin / Autor:
Dekan Hans Stiegler, Ansbach [hans.stiegler@elkb.de]

Lukas 21, 25-33

Liebe Gemeinde!

Wer in dieser vorweihnachtlichen, adventlichen Zeit zum Gottesdienst kommt, erwartet biblische Lesungen und eine Predigt mit - sagen wir - anwärmendem Charakter auf das große, vor uns liegende Fest der Geburt Jesu. Diese Erwartung sieht sich heute auf den ersten Blick enttäuscht. Die Worte Jesu aus dem Lukasevangelium reden nicht vom Licht, nicht von der Liebe oder anderen adventlichen Inhalten. An diesem zweiten Adventssonntag geht es um ein oft übersehenes Thema, das aber auch zu dieser vorweihnachtlichen Zeit gehört. Mit seinen Worten
A, weist Jesus hin auf sein erneutes Kommen, sein Wiederkommen in diese Welt!
B, Beschreibt er die Begleitumstände dieses zweiten Kommens und
C, ermahnt er die christliche Gemeinde, für sein Wiederkommen bereit zu sein.

A Christi Wiederkommen in diese Welt

Jede Adventszeit bringt die Menschen in eine ungeahnte Geschäftigkeit. Alle bereiten sich auf ihre Weise vor auf das größte Fest im Jahr. Weihnachten hat alle Gedanken, alles Planen und Tun fest im Griff. Dabei war und ist für die Kirche Jesu die Erinnerung an sein erstes Kommen in Bethlehem nur die eine Seite der adventlichen Medaille. Die andere Seite beinhaltet den Blick voraus auf den erneuten Advent, das zweite Erscheinen Jesu. Obwohl wir in jedem Gottesdienst durch unser Credo, unser Glaubensbekenntnis daran erinnert werden, vergessen oder überhören wir häufig diese Grundwahrheiten unseres christlichen Glaubens. Jesus kommt wieder. Himmel und Erde gehen einem Ende und damit Jesu Wiederkunft entgegen. Das ist kein naturwissenschaftlicher, sondern ein theologischer Satz. Das ist kein Satz, der in die Reihe der Weltuntergangsansagen mancher Sekten gehört, sondern ein Inhalt unserer Bibel. Es ist auch kein Satz, der uns in Angst und Schrecken stürzen soll, sondern ein Wort, das Mut machen will. Wenn Jesus wiederkommen wird an seinem zweiten Advent schafft er eine neue Situation, die für einen Menschen und seinen Glauben tröstliche Erfüllung bringen wird. Was wir jetzt „nur“ glauben und „nur“ hoffen können, dann werden wir es schauen. Wie oft steht unser tagtägliches Erleben im krassen Widerspruch zu biblischen Grundverheißungen. Die Situation der Anfechtung, des Zweifels, die Erfahrungen von Leid, Tod oder tiefster Traurigkeit - all das wird ein Ende haben. Wenn Jesus erneut erscheint, werden die Tränen abgewischt, hat das Sterben ein Ende, werden Christen nichtmehr verfolgt und bedroht, lösen sich unsere Zweifel und ungelösten Glaubensfragen, weil er dann da ist. Aus dem Hoffen wird das Schauen von Angesicht zu Angesicht.

B Die Zeichen der Wiederkunft Christi

Menschlich natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach dem „Wann?“. Wie lange wird das noch dauern mit dem zweiten Advent Jesu? Wer nun aber gehofft hat, dass so eine Art Endzeitfahrplan aufgestellt würde, der sieht sich enttäuscht. Jesus gibt keine genauen Daten, auf die wir uns einstellen könnten. Überhaupt ist es bemerkenswert, dass alle Schriften im Neuen Testament, die sich mit den sogenannten letzten Dingen beschäftigen die menschliche Neugier nach exakten Zeitansagen nicht befriedigen. Stattdessen weist Jesus auf Zeichen hin, die an den Gestirnen geschehen und auf dieser Welt die Menschen in Angst versetzen. Vieles, wovor die Generationen vor uns Angst hatten, versetzt uns heute nicht mehr in Angst und Schrecken. Und dennoch, obwohl wir immer mehr über die Natur und den Kosmos wissen, obwohl wir über Satelliten und andere technische Errungenschaften manches vorhersehen können, haben wir die Naturgewalten nicht im Griff. Hurrikans und Stürme, Regenfälle oder Trockenperioden unterliegen nicht der menschlichen Steuerung. Wir erfahren unsere Grenzen. Immer neue unbeherrschbare, chaotische Gewalten bedrohen die Menschen, machen ihm Angst. In diesem Zusammenhang taucht im griechischen Urtext die Beschreibung auf, dass die Menschen ihre Seele, ihr Ich verlieren. Mit meinen Worten würde ich es so sagen, dass eine große Orientierungslosigkeit und Ratlosigkeit trotz allen Wissens und der Masse an Informationen die Menschheit befällt. Ohne jetzt die Absicht zu haben, das apokalyptische Feuer zu schüren, muss man doch darauf hinweisen, dass die Probleme auf dieser Welt nicht kleiner, sondern immer größer werden. Konflikte zwischen Völkern können nicht beigelegt werden, obwohl sich so viele Völker zum Frieden bekennen. Vertreibungen und Hass machen Millionen heimatlos! Aus dem Nichts taucht Ebola auf und bedroht mittlerweile nicht nur Afrika! Immer noch sterben Millionen an Hunger, obwohl es bei kluger Verteilung genug zu essen gäbe. Die Erderwärmung ist nicht gestoppt, weil Wohlstand und Wirtschaft es nicht zulassen! Aufmerksame Zeitgenossen gehen nicht einfach leichtfertig über solche Tatsachen hinweg. Bei aller gebotenen Zurückhaltung und Vorsicht darf und kann man die Beschreibungen Jesu nicht einfach vom Tisch wischen. Vorzeichen und Vorboten für sein Kommen gibt es in unseren Tagen. Vielleicht mehr als je zuvor.

C Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht

Aber: Als Christen brauchen wir die Orientierung und die Hoffnung nicht verlieren. Jesus muntert uns auf und sagt: „ Kopf hoch!“ Erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe. Alles, was Jesus hier sagt, seine gesamte endzeitliche Predigt ist nicht darauf aus, uns zu erschrecken oder Angst zu machen. Frei nach dem Motto „Das Beste kommt noch“ oder besser: „Der Beste kommt noch“ sollen wir unser Leben und unsere Zukunft gestalten wie bedrängend oder chaotisch sich diese Welt noch entwickelt. Wir können festhalten an seinem Wort. Das, was uns Jesus verspricht, bleibt keine Illusion, das sind keine frommen Wunschträume. So wie er damals in Bethlehem als der von Gott verheißene Messias gekommen ist, um die Vorhersagen des Alten Testaments zu erfüllen so kommt er auch wieder am Ende der Zeiten, um die Vorhersagen des Neuen Testaments zu erfüllen.
Seine Nähe kann uns jetzt schon trösten in all dem Schweren, das oft unser Leben nach unten zieht. Als Christen braucht uns nicht jede Schreckensnachricht über die Zukunft lähmen. Wichtig ist für uns das Bereitsein für das Kommen, besser gesagt das Wiederkommen Jesu. Dazu brauchen bzw. können wir im Grunde nichts anderes tun, als uns an die Worte zu halten, die alles überdauern werden: Die Worte des in Bethlehem schon einmal auf dieser Welt erschienenen Herrn Jesus Christus, so wie sie uns im Neuen Testament überliefert sind.
Darum ein Wunsch zum Schluss: Nutzen Sie diese vorweihnachtliche Adventszeit nicht nur zur Vorbereitung auf den Heiligen Abend. Nutzen Sie diese Tage auch zur Besinnung auf das zweite Kommen Jesu und lesen Sie seine Worte in der Heiligen Schrift, in den Evangelien seiner guten Nachricht.
Amen !


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