4. Advent (22. Dezember 2019)

Autorin / Autor:
Pfarrerin und Studienrätin Stephanie Kscheschinski, Lörrach [stephanieloeffler@t-online.de]

2. Korinther 1, 18-22

IntentionWeil Gottes Ja zu uns eindeutig ist und uns im Glauben sicher machen will, sind wir aufgefordert in unserem Reden und Handeln auch nach Klarheit und Eindeutigkeit zu suchen.

1,18 Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich.
19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm.
20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre.
21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt hat
22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

Liebe Gemeinde,
„Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist.“ So schreibt Paulus an die Korinther.
Also entweder Ja oder Nein. So soll ein Wort – gerichtet an ein Gegenüber sein. Eindeutig. Klar. Unmissverständlich. Gültig. Wahrhaftig.

Meinen wir, was wir sagen?Meinen wir, was wir sagen? Und sagen wir, was wir meinen? So frage ich mich, wenn ich diesen paulinischen Briefabschnitt lese. Und wo begegnen wir dem wahrhaftigen Wort?
Es hat damals in Korinth einige Unruhen und Ärgernisse gegeben, weil Paulus seine Reisepläne mehrfach verschoben hatte. Die Korinther fühlten sich dadurch offensichtlich gekränkt und haben dem Paulus Vorwürfe gemacht. Sie haben ihm vorgeworfen, auch nicht besser zu sein als all die anderen seltsamen Missionare, die in Korinth vorbeigekommen sind.
Paulus kontert hier etwas ruppig und ruft Gott zum Zeugen:
„Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist.“ Paulus nimmt auch seine Begleiter Silvanus und Timotheus in Schutz und stellt fest: Unsere Predigt an euch war klar: Ein klares Ja an euch von Gott.
Und wenn ich das heute lese, dann meine ich: Wo wir Gottes Ja an uns gerichtet erleben, da gibt es kein Hin-und-Her mehr. Da ist alles eindeutig und klar. Und deswegen antworten wir auch als Gemeinde bis heute auf Gottes „Ja“ zu uns mit „Amen“. Amen: So soll es sein.

Wo begegnet uns Gott mit seinem „Ja“?So stellt sich mir heute also die Frage: Wo begegnet uns Gott mit seinem „Ja“ zu uns?
Da fallen mir viele Situationen ein. Die Taufe und das Abendmahl, bzw. die Eucharistie zum Beispiel. In der Taufe nimmt Gott uns als seine Kinder an und spricht uns Vergebung und ewiges Leben zu. Im Abendmahl und in der Feier der Eucharistie werden uns die Sünden vergeben, wenn wir aufrichtig darum bitten.
In vielen Lebenslagen, in denen wir Gott um Beistand bitten, erfahren wir Hilfe oder es ergeben sich Lösungen, auf die wir alleine nicht gekommen wären. Ich finde: Auch das ist ein eindeutiges Ja Gottes zu uns. Oder denken Sie an lebensbedrohliche oder extrem gefährliche Situationen, die Sie oder liebe Menschen, die Ihnen anvertraut sind, gut überstanden haben. Auch in der Bewahrung steckt ein eindeutiges Ja Gottes zu uns.
Wenn nach Katastrophen in zerstörten Landschaften wieder Leben gedeiht, auch das ist ein Ja Gottes zu uns. Überall, wo Genesung und Heilung geschieht, sehen wir Gottes Ja. Überall, wo gute Entscheidungen im persönlichen Leben und auch im gesellschaftlichen Leben zum Gelingen von Leben beitragen, das ist Gottes Ja spürbar.

Gott kommt uns nahUnd wenn wir heute am vierten Advent, kurz vor dem Heiligen Abend daran denken, dass Gott Mensch geworden ist, dann bekommen wir Gottes Ja an uns direkt vor Augen gestellt. Gott wird Mensch und kommt zu uns Menschen. Weil Gott uns Menschen liebt, wird er selbst Mensch, um uns so nahe wie möglich zu sein. Das ist Gottes Ja zu seinen Menschen.
Die Adventslieder lassen uns oft in die zweifelnde Seele eines Menschen blicken. Da spüren wir viel von der Angst der Menschen, die nicht recht wissen, wie sie an Gott glauben sollen. Die Zweifel, ob es denn sein kann, dass Gott zu uns kommt. Das Leben wird oft als traurig und voller Leid erlebt. Nur durch das Angerührtsein von Gott selbst können Menschen aus solcher Situation befreit werden. „Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod. Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland“ (EG 7,6).
Die Adventslieder zeigen auch: Es hat die Menschen schwer umgetrieben, wie sie in ihrer vergänglichen Existenz dem ewigen Gotte begegnen sollen und wie sie ihn ergreifen können: „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir? O aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier?“ (EG11,1).
Paulus hat darauf die klare Antwort: „ Gott ist`s der uns fest macht samt euch in Christus. … Als Unterpfand hat er den Geist in unsere Herzen gegeben.“
Also Gott selbst kommt uns entgegen und begegnet uns, in Christus, in der Krippe, und er rührt uns immer wieder an mit seinem Geist.

Angerührt sein von GottManchmal merke ich das. Das gibt es, dass man sich getragen fühlt, dass man sich geleitet fühlt. Das gibt es, dass man klar weiß, das ist gut so. Genau so ist es gut. Und manchmal kann man das gar nicht erklären. Man redet nicht viel darüber. Vielleicht auch nie. Aber man fühlt sich tief im Innern gehalten und verankert.
Man weiß und spürt, wo man hingehört und wo man einst sein wird. Und dann hat die Unsicherheit ein Ende, und man kommt an, man kommt zur Ruhe.

Die Antwort darauf mit dem Leben gebenUnd Paulus meint: Deshalb sollten wir auch klar und eindeutig reden. Nicht Ja und Nein zugleich. Sondern Ja oder Nein.
Dazu sind wir als Christenmenschen immer wieder aufgefordert, die Antwort mit unserem Leben zu geben. Amen zu sagen, so soll es sein. Gott sagt ja zum Leben und wir sagen Amen dazu.
Deshalb beziehen wir Position und helfen, wo wir helfen können. Hier eine klare Abgrenzung zu vollziehen und gegebenenfalls auch dem Rad in die Speichen zu fallen. Konkretere Ausführungen erspare ich uns an dieser Stelle. Aber Sie alle wissen, dass wir in unruhigen Zeiten leben, wo wir Stellung beziehen müssen. Sei es in der Flüchtlingsfrage und wie wir zur Integration von Migranten stehen, sei es in der Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen. Sei es in der Frage, was wir zur Bewältigung der Klimaveränderungen selbst beitragen wollen oder zur Frage der Europapolitik und wie es mit Europa weitergehen soll. Wir müssen uns fragen lassen, ob wir sagen, was wir meinen und ob wir meinen, was wir sagen.
Aber wir dürfen bei all den Anforderungen gewiss sein, dass wir nicht alleine unterwegs sind. Wenn wir uns hilflos und müde fühlen, oder kraftlos und unentschlossen, dürfen wir miteinstimmen in den weihnachtlichen Vers aus dem Lied: „Fröhlich soll mein Herze springen“ (EG 36,9):
„Die ihr arm seid und elende, kommt herbei, füllet frei eures Glaubens Hände. Hier sind alle guten Gaben und das Gold, da ihr sollt euer Herz mit laben.“
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus Amen.

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