Christi Himmelfahrt (18. Mai 2023)

Autorin / Autor:
Pfarrer Julian Scharpf, Fellbach [Julian.Scharpf@elkw.de ]

Lukas 24, 44 – 53

IntentionWas ich noch zu sagen hätte: ein Wort und einen Segen.
Bevor Jesus zu seinem Vater geht, befähigt, beauftragt und bestärkt er seine Jünger.
Seine Worte und sein Segen befähigen, beauftragen und bestärken auch uns.

Liebe Gemeinde,
zu berühmten Menschen gehören berühmte letzte Worte.
Es gibt ganze Sammlungen zu diesen Aussprüchen.
Goethe zum Beispiel soll gesagt haben: „Mehr Licht“ und der Dichter Heinrich Heine: „Gott wird mir verzeihen, das ist sein Beruf.“
Solche letzten Worte bringen oft noch einmal eine herausstechende Eigenschaft der Verstorbenen auf den Punkt.
Gleich hören wir beim Evangelisten Lukas, welche letzten Worte und Taten er von Jesus berichtet, bevor dieser zu seinem Vater geht.

Ein letztes Stück FischZuerst zu der berichteten Szene:
Jesus begegnet seinen Jüngern in Jerusalem.
Die Jünger sind aufgewühlt, einige sind dem auferstandenen Jesus schon begegnet, andere halten das noch für unmöglich.
Sie reden durcheinander, können es kaum glauben.
Da tritt Jesus mitten unter sie und grüßt sie.
Die Jünger erschrecken, fürchten sich, halten Jesus für einen Geist.
Jesus zeigt seine durchbohrten Hände und Füße.
Jetzt können es die Jünger kaum fassen, sie sind außer sich vor Freude, dass Jesus wieder bei ihnen ist.
Sie werden zu Zeugen seiner Auferstehung.
Und Jesus legt noch einen Beweis nach:
In dieser hochemotionalen Situation fragt er sie trocken, ob sie etwas zu essen für ihn haben.
Und dann isst er vor ihren Augen Fisch.
Jünger, die Jesus für einen Geist halten, und der Gottessohn, der in dieser bedeutenden Szene nach Fisch verlangt:
Für mich liest sich das so, als ob der Evangelist Lukas diese Szene mit einem Schmunzeln im Gesicht geschrieben hat.
Dann wird es ernster.
Jesus gibt seinen Jüngern im Kapitel 24 (V. 44-49) des Lukas-Evangeliums letzte Worte mit auf den Weg:

„Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen.
Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden, und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, dass der Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage;
und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern.
Von Jerusalem an seid ihr dafür Zeugen.
Und siehe, ich sende auf euch, was mein Vater verheißen hat.
Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe.“

Letzte Worte an die ZeugenMit diesen Versen spannt Jesus einen weiten Bogen von den Prophezeiungen in der Schrift über sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung bis hin zu der mit Pfingsten beginnenden Zeit, in der seine Jünger in seinem Namen predigen werden.
Und Jesus hat ein Ziel: Er befähigt, beauftragt und bestärkt seine Zeugen.

Jesus befähigt sie:
„Ihr könnt durch die Schrift mein Leiden und die Auferstehung begreifen.
In meinem Leben und Wirken mag euch manches geheimnisvoll erscheinen, aber es ist kein unlösbares Rätsel. In den Heiligen Schriften war es ja angekündigt.“

Jesus beauftragt sie:
„Ihr seid Zeugen meiner Auferstehung. Ich brauche euch.
Ihr könnt und sollt davon in meinem Namen predigen.
Und zwar nicht nur in Israel, sondern unter allen Völkern.
Und es soll nicht irgendetwas gepredigt werden, sondern alle Menschen sollen wissen, dass sie von Gott angenommen werden; dass Gott sie liebt; dass er ihnen ihre Sünde vergibt.“

Jesus bestärkt sie:
„Das mag auf euch alles noch wild und durcheinander wirken, aber macht euch keine Sorgen.
Mein Vater hat einen Plan.
Ich verspreche euch: Ihr werdet nicht allein sein.“

Jesus lässt keine planlosen, verunsicherten Menschen zurück.
Er gibt ihnen alles, was sie für den weiteren Weg brauchen werden, wenn er nicht mehr wie bisher an ihrer Seite ist:
Mit seinen letzten Worten macht er ihnen klar, wozu sie fähig sind. Er, gibt ihnen einen Auftrag und schenkt ihnen Stärke.

Letzte Worte an unsWeil die Jünger diese Worte beherzigt haben, weil sie in Jesu Namen gepredigt und seine Auferstehung verkündet und andere diese Worte weitergegeben haben, stehen wir heute hier und singen, beten und versammeln uns um das Kreuz.
Jesus hat die Jünger nicht allein gelassen und er wird auch uns nicht allein lassen.
Zwar hat niemand von uns ein letztes Stück Fisch mit Jesus gegessen oder seine durchbohrten Hände berührt.
Aber diese letzten Worte Jesu sind nicht exklusiv für seine Jüngerschar bestimmt.
Die letzten Worte Jesu gelten auch uns.
Auch wir alle hier sind befähigt, das Leben und Wirken Jesu immer tiefer zu verstehen, wenn wir in der Bibel von ihm lesen.
Auch wir sind beauftragt, von Jesus und der Vergebung der Sünden zu erzählen.
Wir sind Jesus nicht egal, er braucht uns. Jede und jeden.
Auch wir werden durch den Heiligen Geist bestärkt.
Nun ist es das eine, das zu hören und das andere, es auch zu verinnerlichen.
Vielleicht fiel das den Jüngern damals auch schwer?
Als ob Jesus das ahnt, belässt er es nicht mit Worten allein, sondern verabschiedet sich von ihnen mit einer großen Geste – mit einer Segensgeste (Lukas 24,50 – 53 ):

„Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.
Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.
Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude
und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“

Die HimmelfahrtLiebe Gemeinde, die Himmelfahrt Jesu bleibt ein geheimnisvolles Geschehen.
So geheimnisvoll es ist, so kurz behandelt der Evangelist Lukas dieses Geschehen:
Christus… „fuhr auf gen Himmel.“ Punkt.
Der Evangelist Lukas verwendet mehr Worte dafür, wie Jesus zu seinem letzten Stück Fisch kommt als dafür, wie Jesus zu seinem Vater kommt.
Jesus geht zu seinem Vater. Er wandelt nicht ewig weiter als Auferstandener über die Erde. Nur so kann er überhaupt allgegenwärtig sein und beispielsweise im Abendmahl mitten unter uns.
Was zunächst auf die Jünger wie ein Weggang Jesu wirkt, wird später die Voraussetzung für den Zugang zu Jesus.
Aus der Ferne wird wieder Nähe.
Und diese Nähe zu uns sucht Jesus in Worten und Taten.
Die Zurückhaltung, mit der der Evangelist Lukas uns die Himmelfahrt beschreibt, lässt den Blick auf das ausrichten, wofür er sich mehr Zeit nimmt: Für Jesu letzte Tat.

Ein (nur vorerst) letzter SegenDie letzte Tat Jesu vor seiner Himmelfahrt ist ein Segen.
Was für ein berührendes Bild:
Jesus hebt seine von Wundmalen gezeichneten Hände über seine Freunde.
Er kommt ihnen noch einmal nahe.
Der Abschiednehmende segnet die Zurückbleibenden.
Und diese reagieren mit großer Freude.
Wenn ich das lese, spüre ich meine Sehnsucht so einer Erfahrung.
Da ist ein Sehnen in mir, Jesus so nah wie möglich zu sein.
Diese Nähe zu Jesus spüre ich, wenn ich gesegnet werde.
Auf die Theologin Dorothee Sölle geht der Satz zurück: „Gott hat keine anderen Hände als unsere.“
Man kann zu diesem Satz unterschiedliche Meinungen haben.
Was das Segnen betrifft, so hat er seine ganz eigene Wahrheit.
Wenn wir sehen, wie Eine oder Viele gesegnet werden;
Wenn wir selbst segnen oder gesegnet werden;
dann im Namen Jesu, der uns nahe sein will und über den es heißt:
„…er hob die Hände auf und segnete sie.“

Amen.

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