Konfirmation (21. Mai 2017)

Autorin / Autor:
Pfarrer PD Dr. Thomas Knöppler, Heroldstatt [Thomas.Knoeppler@elkw.de]

Johannes 6, 66-69

Liebe Gemeinde! Und heute vor allem: liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden! Wir haben schon viel von Jesus gehört. In Gottesdienst und Unterricht, auf dem Konfi-Camp und am Konfi-Tag. Zumeist haben wir darüber gestaunt, welche besonderen Fähigkeiten Jesus besitzt. Mit seinen bildhaften Reden von Gott zog er die Massen an. Ohne medizinische Ausbildung konnte er Kranke heilen. Wirkungsvoll trat er finsteren Mächten entgegen. Ja, sogar dem Tod gebot er Einhalt. Immer wieder entstand der Eindruck, Jesus sei ein besonders erfolgreicher Mensch gewesen. Und dass, wer mit ihm geht, im Leben auch Erfolg habe.

Misserfolg bei Jesus?Und jetzt, ausgerechnet am Fest der Konfirmation, bekommt unser Jesus-Bild einen Riss. Von dem, dem die Menschenmassen zuströmten, berichtet der vierte Evangelist: "Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit ihm" (V. 66). Abgesehen von den Feinden, die Jesus ans Kreuz brachten, gab es das offenbar auch: Viele Menschen, die nichts mehr von ihm wissen wollten. Misserfolg bei Jesus? Wie kam es dazu?
Am Morgen des Tages war Jesus noch der große Star. Was er am Vortag getan hatte, war in aller Munde. Viele Menschen waren ihm gefolgt. Sie hatten Hunger. Und das nächste Dorf war weit weg. Jesus gab ihnen nicht nur geistliche Nahrung. Er brachte das Wunder fertig, auch den leiblichen Hunger zu stillen. Aus ganz wenig machte er viel. Alle wurden satt. Und es blieb noch Brot übrig.
Die vielen Leute waren so begeistert, dass sie ihn am liebsten zum König machen wollten. Wer den Hunger stillen kann, dem ist politisch noch mehr zuzutrauen, dachten sie. Aber Jesus wollte kein Brotkönig werden. Und so zog er sich zurück von der Menge.
Wer freilich einmal das Aufsehen der Öffentlichkeit erregt hat, wird das Interesse der Menschen so leicht nicht los. Entsprechend erging es auch Jesus. Wie heute die Papparazzi einen Prominenten stalken, so setzte damals die neugierige Menge alles daran, ihn aufzuspüren. Sie lechzte nach weiteren Wundern. Schließlich fanden sie ihn. Jesus aber verwickelte sie in ein Gespräch. Er versuchte, ihnen klar zu machen: Mit seinem Wunder wollte er eigentlich nicht nur hungrige Mägen füllen. Mit dem Wunder wollte er vielmehr ein Zeichen setzen. Es sollte darauf hinweisen, dass er den Lebenshunger stillt: Jesus schenkt ewiges Leben.

Eine anstößige RedeSo weit, so gut. Aber nun wurde Jesus sehr konkret – für viele zu konkret: "Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken" (V. 54). Für jüdische Ohren war dieser Satz religiös nicht mehr akzeptabel. Ist schon das Essen von Menschenfleisch eine unmögliche Vorstellung, so erst recht die Aufforderung, Blut zu trinken. Kein Jude trinkt Blut. Ein absurder Gedanke.
Viele empfanden die Worte Jesu als abstoßend: "Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören?" (V. 60). Die Menge war aufgebrochen, einem Wundertäter, einem Problemlöser, einem glänzenden König zu folgen. Aber einer, der sich opfert, der sich selbst aufgibt, der war für sie nicht attraktiv. Und so zogen sie sich von ihm zurück. Viele kündigten Jesus die Gefolgschaft auf.
Wäre es Jesus möglich gewesen, den Verlust seiner Fans zu verhindern? Hätte er nicht etwas unbestimmter reden können, damit nicht so viele Leute aus seinem Jüngerkreis austreten? Politiker bemühen sich ja, keine Wähler zu verprellen. Und auch Pfarrer sollten immer freundlich reden. "Als Pfarrer müssen Sie doch so reden und handeln, dass jeder Mensch in der Kirche seinen Platz finden kann", so äußerte sich einmal ein Kirchengemeinderat. Hätte Jesus seine Worte also besser wählen sollen?

Sein Leben für unser LebenSo einfach ist das nicht. Denn die Worte Jesu transportieren einen wichtigen Inhalt. In dieser bildhaften Sprache macht Jesus seinen Hörern deutlich: "Ich bin mit meinem ganzen Leben für euch da. Das Heil Gottes kommt zu dem, der sich mein Lebensopfer gefallen lässt, der mit mir verbunden ist." Es gibt etwas, das für die Nachfolge Jesu wie für den christlichen Glauben unverzichtbar ist: Jesus gab sein Leben für uns, damit wir das Leben haben.
Nicht jeder lässt sich den Einsatz des Lebens Jesu gefallen. Nicht selten erliegen wir den Verführungen der Werbung, den Verlockungen des Konsums. Aus eigener Erfahrung und der meiner schon konfirmierten Söhne sage ich: Dabei währt die Freude an dem, was wir gekauft haben, oft nur kurz. Und schon bald suchen wir erneute Befriedigung in der Erfüllung weiterer Wünsche. Wohl dem, der sich davon frei machen kann und die wahren Werte des Lebens pflegt!
Offensichtlich wussten die zwölf Jünger um den Mehrwert, den Jesus in ihr Leben bringt. Denn auf Jesu Frage: "Wollt ihr auch weggehen?" (V. 67) antwortet Petrus stellvertretend für sie mit einem Bekenntnis. Für die zwölf Jünger gab es gute Gründe, Jesus nicht zu verlassen, sondern ihrem Lehrer die Treue zu halten. Denn ihnen war klar, wer Jesus ist und was sie an ihm haben.

Was wir an Jesus habenZunächst spricht Petrus davon, was die zwölf Jünger an Jesus haben: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens" (V. 68). Diese Antwort bedeutet doch: Die Worte, die Jesus gesprochen hatte, waren für die Jünger so etwas wie ein Zuhause geworden. Ohne Jesus und sein Wort fehlte den Jüngern die Heimat. Zudem kommt den Worten Jesu eine ganz besondere Eigenschaft zu: Sie vermitteln ewiges Leben.
Beim ewigen Leben denken wir zunächst an ein Leben, das durch den Tod nicht mehr begrenzt wird. Das ist sicher auch richtig: Seit Jesus auferstanden ist, hat der Tod keine letzte Gewalt mehr über uns. Wir dürfen durch unseren Tod hindurch in das Leben Gottes eingehen.
Dass dieses Leben von unbegrenzter Zeitdauer ist, ist freilich nicht sein entscheidendes Merkmal. Viel wichtiger noch ist die besondere Qualität dieses Lebens. Schon hier und jetzt sind wir verbunden mit Gott. Unser Leben gelangt zu seiner eigentlichen Bestimmung: den Schöpfer zu ehren. Und es ist verankert in Gottes Ewigkeit. Mit solchem Leben beschenkt uns Jesus.

Wer Jesus istWer aber ist Jesus? Ach, es gibt ganz unterschiedliche Sichtweisen auf ihn. Die einen behaupten, er sei ein cooler Typ, die anderen sehen in ihm einen Weltverbesserer. Wieder andere betrachten ihn als gescheiterten Sozialreformer. Für noch andere ist er ein Prophet und Gesandter Gottes.
Alle diese Zuschreibungen sehen sicher auch etwas Richtiges in ihm. Aber wer Jesus wirklich verstehen will, muss ihm begegnen. Und daher hat das Urteil der Jünger erhebliches Gewicht. Als deren Sprecher lässt Petrus verlauten: "Du bist der Heilige Gottes." Das heißt doch: Du bist ganz mit Gott und seiner Welt verbunden. Du gehörst auf die Seite Gottes. Du kommst von Gott und du gehst zu Gott. Du bist der Sohn Gottes.
Ob wir das auch so sehen? Ob ihr, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, diesem Jesus auch so begegnet seid, dass ihr so oder ähnlich von ihm sprechen könnt? Ein knappes Jahr sind die Jünger nach dem Bericht der ersten drei Evangelien mit diesem Jesus gegangen. Ein knappes Jahr waren auch wir im Konfirmandenunterricht beisammen. Da habt ihr Gelegenheit gehabt, diesen Jesus kennenzulernen. Heute seid ihr gefragt, ob ihr mit ihm leben wollt.

Das BekenntnisPetrus hatte diese Frage für sich und die übrigen Jünger positiv beantwortet. Wie er das versteht, darauf weist der griechische Grundtext seiner Antwort hin: Dass Jesus auf die Seite Gottes gehört, ist für die Jünger eine feste Glaubensüberzeugung und eine klare Erkenntnis. Mit Gewissheit glauben sie an Jesus.
In der Gemeinschaft mit Jesus bildete sich für Petrus der Glaube an Jesus. Er weiß um das besondere Wesen Jesu und bekennt sich zu ihm. Indem Petrus in den Worten Jesu Heimat gefunden hat, haben Wissen und Bekennen Folgen für sein Leben im Glauben.
Das gilt auch für uns. Tritt Jesus uns durch sein Wort gegenüber, dann bildet sich die feste Glaubensüberzeugung und die klare Erkenntnis. Dazu müssen wir das Wort freilich erst einmal hören: in der Kirche – oder lesen: in der Bibel. Wir tun gut daran, wenn wir das auch nach der Konfirmandenzeit nicht versäumen. Christen leben mit Jesus und schöpfen Kraft und Weisung aus dem Wort Gottes.

Worauf es ankommtLiebe Konfirmandinnen und Konfirmanden! Am heutigen Tag ist nicht das Wetter entscheidend und nicht die perfekte Frisur. Auch die Geschenke sind es nicht. Viel wichtiger als solche Äußerlichkeiten ist heute und in eurem weiteren Leben Jesus Christus. Lasst euch auf ihn ein. Und freut euch an der Gemeinschaft der Glaubenden.
Jesus braucht weder Likes noch Followers. Er will, dass wir das Leben mit ihm teilen. Und dass wir nicht beim ersten Missverständnis abhauen. Einer von euch hat die Aufforderung unseres Predigtwortes so verstanden: "Dass man immer bei Gott bleiben soll – egal, was im Leben passiert." Ja, wohl wahr! Das Leben ist eine Herausforderung. Da kann so manches passieren. Aber es lohnt sich, mit Jesus zu leben. Wer ihm nachfolgt, ist mit Gott selbst verbunden. Und das gibt unserm Leben den tiefsten Sinn.
Amen.

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