Trinitatis (15. Juni 2025)
2. Korinther 13,11–13
IntentionDie Predigt zielt darauf ab, wie Christen Konflikte überwinden können.
Konflikte sollen ohne falsche Scheu wahrgenommen und ernstgenommen – und daraufhin in der Spur des dreieinigen Gottes bearbeitet werden. Der Schluss des Zweiten Korintherbriefs liefert ein gutes Modell dafür.
So wird das, was Paulus nach Korinth schreibt, transparent für die Schönheit und die Herausforderungen des Zusammenlebens von Christinnen und Christen heute.
Zum Verlauf der Predigt:
Zunächst wird an das erinnert, was Christen miteinander verbindet: eine Geschichte, die Gott mit ihnen hat. Dann erfolgt ein Brückenschlag von Gottes Lebendigkeit (als einem liebenden, gnädigen und gemeinschaftsstiftenden Gott) zu einem entsprechenden Umgang der Christenmenschen untereinander. Dies geschieht ohne Appelle, denn ich verstehe Vers 13 als Segenswunsch: als eine Bitte, der Name Gottes möge – wie im Aaronitischen Segen – auf der Gemeinde liegen und sie aufs Neue beleben und ausrichten.
Ausgehend von der triadischen Struktur, in der Paulus diese Bitte formuliert, werden Bezüge hergestellt zwischen Gottes Wesen und Geschichte einerseits und den Paränesen (Ermahnungen) aus Vers 11 andererseits. Auf trinitätstheologische Ausführungen wird dabei bewusst verzichtet.
Gegen Ende der Predigt werden Vorzeichen von Gottes Zuwendung (zu besonderen Momenten) und der gemeinsamen Mühe um eine gute Verständigung im Alltag unterschieden und beleuchtet.
Konflikte annehmen – und überwindenWo Menschen zusammenleben, sind sie sich nicht immer einig. Das hat Gründe.
Auch wenn sie sich gut sind, haben sie verschiedene Köpfe. Sie haben unterschiedliche Temperamente. Und sie nehmen die Welt je aus ihrem Blickwinkel wahr. Es gibt gute Vermittler bei den Menschen – aber eben auch Rechthaber.
Das alles ist auch bei Christenmenschen so. Und nicht erst heute. Konflikte gab es schon in der Anfangszeit. Zum Beispiel in Korinth: Die Paulusbriefe des Paulus dorthin geben ein Bild davon.
Konflikte gehören dazu. Doch Konflikte sollen sich auch wieder beruhigen. Wie kann das gelingen? – Wir hören heute die letzten drei Verse des zweiten Korintherbriefs, aus Kapitel 13, die Verse 11 bis 13.
Paulus will zum Schluss kommen – und am Schluss noch etwas Wichtiges sagen:
„Zuletzt, Brüder und Schwestern, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“
Was Christen verbindet – und wie sie wieder zusammenfinden„Zuletzt, Brüder und Schwestern…“ – Paulus setzt noch einmal an. Er sucht noch einmal, Aufmerksamkeit zu wecken. „Zuletzt“, das heißt: Jetzt kommt nicht mehr viel. „Zuletzt“, das heißt aber auch: Jetzt kommt noch etwas Wichtiges. Jetzt noch einmal gut zuhören!
Paulus erinnert an das, was alle Christen in Korinth miteinander verbindet – ganz gleich, wie stark sie in den Konflikt verwickelt waren: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“
Paulus weiß, dass er nichts erzwingen kann. Er kann nichts Besseres tun, als diese Gemeinde, die so viel hinter sich hat, dem Segen Gottes zu überlassen.
Und so legt er den Namen Gottes auf die Gemeinde, wie schon Aaron es tat (4. Mose 4,24–27). Gott möge für seine Gemeinde sorgen: der Vater in seiner Liebe, der Sohn in seiner Gnade und der Heilige Geist als Gemeinschaftsstifter.
Die Hoffnung des Paulus hat einen Grund: Es ist die Geschichte, wie Gott sich den Menschen zuwendet. Paulus bittet Gott um sein Wirken an dieser Gemeinde. Und er bittet die Christen in Korinth, dass sie Gott an sich wirken lassen. Dann wird es gut.
Schritte zum Frieden – dem Wesen Gottes entsprungen„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ Dieser Satz ist nicht nur der letzte Satz im Brief des Paulus, er ist auch eine kurze Zusammenfassung der Geschichte Gottes mit den Menschen. „Evangelium“ wird diese erfreuliche Geschichte genannt.
Paulus hat dieses Evangelium verbreitet. Es ist auch nach Korinth gelangt. Nun soll dieses Evangelium sich bewähren. Es soll dazu helfen, dass in die Gemeinde von Korinth der Friede zurückkehrt.
Wie kann es in Korinth gut weitergehen? Paulus gibt Hinweise. Sein erster lautet: „Freut euch, Brüder und Schwestern!“ – Zur Freude kann man eigentlich nicht auffordern. Aber Christenmenschen können daran erinnert werden, dass sie Grund zur Freude haben. Gott ist nicht bei sich geblieben, sondern hat sich den Menschen zugewandt. Das ist allemal Grund zur Freude. Und Menschen, die sich freuen, finden leichter wieder zueinander.
Gott hat sich ein Volk erwählt, um mit ihm unterwegs zu sein. Mit einem aus diesem Volk, so bekennen wir, hat Gott sich in besonderer Weise verbunden. Jesus erzählt von Gott. Wie ein Hirte ist Gott, der sich auf die Suche macht nach dem Verlorenen. Wie ein Vater ist Gott, der auf seinen Sohn, der alles verspielt hat, wartet und ihn wieder in die Arme schließt. Jesus erzählt nicht nur von Gottes Liebe, er verkörpert sie auch. Er teilt die Wege der Menschen, geht den Weg ins Leiden und wird von Gott in ein neues Leben gerufen. Paulus ist erfüllt von dieser Geschichte der göttlichen Liebe und Gnade.
Und wieder soll diese Geschichte etwas bewirken bei den Menschen in Korinth: „Lasst euch zurechtbringen“, bittet Paulus die Christen in seiner Zeit. Lasst euch neu ausrichten durch Gottes Zuwendung. Nehmt Maß an dem, was Gott tut. Geht wieder gnädig miteinander um!
Und heute? Dieser Gott wendet sich auch euch zu. Heute. Paulus bittet uns: Öffnet euch für Gottes Kommen. Lasst seinen Geist bei euch einkehren. Gott will in euch wohnen. Dadurch werdet ihr fest und beweglich zugleich. Ihr werdet der Liebe Gottes gewiss werden. Und ihr werdet in Bewegung kommen zu anderen Menschen hin. Denn auch ihnen ist Gott voller Liebe verbunden. So wohnt Gott in euch, in eurem Inneren – und wohnt mitten in eurer Gemeinde und verändert euer Zusammenleben.
„Lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden!“, ruft Paulus. Bleibt miteinander im Gespräch. Kritik darf sein, doch soll sie der Liebe entspringen. Sucht Wege zu den anderen. Bleibt in allem ausgerichtet auf Gott; bleibt beweglich, wie Gott beweglich ist.
In Gottes Gemeinschaft und Geschichte hineingezogenPaulus und die Gemeinde in Korinth haben schwere Zeiten hinter sich. Doch das ist nur die eine Seite. In Wahrheit leben sie von der Geschichte, die sie trägt. Sie leben vom Segen Gottes, der an ihnen festhält und mit ihnen unterwegs bleibt. Diesem Gott befiehlt Paulus seine Leute an. Sie sollen hineingezogen werden in die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohn durch den Heiligen Geist.
Dann verändert sich alles. Am Ende finden grundverschiedene Menschen zu einer versöhnenden Einsicht: „Ja, wir haben es schwer miteinander gehabt, und manches bleibt herausfordernd. Aber wir müssen es ja nicht selbst vollenden. Das ist Gottes Sache. An uns ist es, dass wir uns geduldig und gelassen um Verständigung bemühen. Dass wir gnädiger miteinander umgehen. Dass wir Gelegenheiten wahrnehmen, einander zu lieben. Und uns neu an Gottes Liebe freuen, an seiner Gnade, an seinem Willen zur Gemeinschaft.“
Gottes Zuwendung erleben – und einander zeigen„Der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein.“ Davon ist Paulus überzeugt. Gott kann und wird das Neue schaffen. Manchmal ist schon etwas davon zu spüren.
Menschen erleben, dass Frieden ist zwischen Gott und ihnen; und sie erleben auch schon Frieden untereinander. Etwa wenn sie das Abendmahl feiern. Da können sie darauf vertrauen, dass sie dabei etwas von Gottes Zuwendung schmecken und sehen. Und erfüllt werden von der Gewissheit: „Das ist jetzt für mich. Dieses Brot zeigt mir Jesu Hingabe. Und dem Menschen neben mir gilt diese Zuwendung genauso.“
Manchmal werden solche besonderen Momente von einem leiblichen Zeichen begleitet: einem Blickkontakt, einem Händedruck. Paulus spricht noch von einem anderen Zeichen: „Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss.“
Wir wissen nicht, was mit dem „heiligen Kuss“ genau gemeint ist. Bestimmt war er ein Zeichen der Annahme und der gegenseitigen Verbundenheit. Wir bringen das heute anders zum Ausdruck, und zum Küssen kann man niemanden zwingen. In jedem Fall sollen Christen wissen: Ihr seid die ‚Gemeinschaft der Heiligen‘. Mit euch schreibt Gott seine Geschichte weiter. Freut euch darüber von Herzen. Das genügt.
Wie sich die Freude dann ausdrückt, ist von Mensch zu Mensch und von Kultur zu Kultur verschieden. Auch ein Lächeln, ein Händedruck, ein freundlicher Gruß ist ein Zeichen. Christinnen und Christen sollen einander solche Zeichen des Friedens geben. Sie sind kostbar. Sie dienen der Versöhnung.
Friedensarbeit im Alltag – belebt vom drei-einigen GottEs gibt im Zusammenleben nicht nur solche besonderen Stunden. Es gibt auch viel Alltag. Oft müssen Ziele erst noch beschrieben werden, und um gute Wege dorthin muss gerungen werden. Es braucht eine sinnvolle Verständigung, und es braucht viel Fantasie und Ausdauer. Doch auch auf dieser Mühe liegt der Segen Gottes. Die sich da verständigen, gestehen einander jeweils gute Absichten zu. Sie werden einander gut zuhören. Und Fehlschläge sind für sie kein Grund, gleich aufzugeben.
Wenn Christen zusammenleben, ist das wie ein beständiges Netzeflicken. So wie Fischer ruhig und geduldig tun, was nötig ist, haben auch Christen den Auftrag, Brüchiges instand zu setzen; in Ordnung zu bringen, was Schaden genommen hat, und im Alltag treu zu sein.
Es ist wahr: Wir werden getragen durch das, was Gott getan hat. Wir strecken uns aus nach Kraft von seiner Kraft und bitten um seinen Segen. So ist Gott nicht nur für sich lebendig, sondern in Gemeinschaft mit uns und weltweit.
So wird aufs Neue wahr: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes ist mit uns allen.“
Amen.
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